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"Von der Nummer zum Namen"

24. April 2024

Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Darmstadt e.V. ist eine Kooperation mit der Edith-Stein-Schule Darmstadt und der Stadt Darmstadt eingegangen. Ziel ist es, an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger Darmstadts zu erinnern, die in Theresienstadt dem Holocaust zum Opfer fielen. Allein durch die Deportation am 27. September 1942 wurden 177 Menschen aus der Stadt Darmstadt und 25 Menschen aus den Städten und Gemeinden des Landkreises Darmstadt-Dieburg deportiert. Insgesamt gab es im Jahr 1942 drei große Deportationen von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern aus Darmstadt und Umgebung. Im Juni 1943 kann die Stadt vermelden, dass sie nun „judenfrei“ sei.

Theresienstadt galt als Vorzeigeort unter den Konzentrationslagern, weshalb internationale Delegationen gerne dorthin eingeladen wurden, um die Gerüchte über den Massenmord an den europäischen Juden zu zerstreuen. Den Besuchern wurde eine heile Welt vorgegaukelt und das tatsächliche Elend der Bewohnerinnen und Bewohner mit einer verlogenen Inszenierung übertüncht. Auch in Theresienstadt starben viele Menschen an Seuchen und Auszehrung, und vor allem blieb es für viele nur eine Durchgangsstation auf den Weg in das Vernichtungslager Auschwitz. Insgesamt trafen 150.000 Menschen mit den Deportationszügen in Theresienstadt ein, davon 10.000 Kinder. Von all diesen kamen 37.500 bereits an diesem Ort um, von den restlichen wurde der Großteil später in anderen Konzentrationslagern ermordet.

Was geschah mit den ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die so grausam und erbarmungslos aus der Darmstädter Stadtgesellschaft herausgerissen und entfernt wurden? Das werden die Schülerinnen und Schüler der Edith-Stein-Schule in der Alexander-Haas-Bibliothek der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Darmstadt, deren Bestand mehr als 7.000 Bände zur deutsch-jüdischen Geschichte, zum Verhältnis von Christentum und Judentum sowie Judaica (Literatur zur Religion, Philosophie und Geschichte des Judentums) umfasst, und vor Ort in Theresienstadt zu recherchieren versuchen. Anschließend werden sie unter Anleitung ihrer Lehrkräfte für Kunst zwei Stelen oder Gedenktafeln schaffen, mit denen an das Leid der Menschen erinnert werden soll. Je eine wird in Theresienstadt und in Darmstadt an einem öffentlich zugänglichen Ort aufgestellt. Geplant ist außerdem, eine kurze Dokumentation zu drehen, um allen nachfolgenden Schülern und Interessierten zu zeigen, was die Beteiligten an diesem Projekt über die Schicksale der damaligen Juden in Erfahrung bringen konnten.

Ziel dieses Projekt ist es, den anonymen Ziffern der auf den Unterarm tätowierten Häftlingsnummern einen Sinn, eine Geschichte, einen Namen zu geben. Denn hinter jeder dieser Zahlenfolgen verbirgt sich ein individuelles Schicksal und eine einzigartige Biografie, von denen viele mit der Deportation in der Anonymität des Massenmords verschwanden.